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Personal statt Personen führen
Moderne Führungskräfte arbeiten am System, nicht im System
Eine Führungskraft führt das Personal, nicht Personen – und dieser Unterschied ist wichtig! Im letzten Beitrag habe ich darauf hingewiesen: Mehr Segeln auf Sicht steht an! Starre Pläne, Zielrerreichungsquoten und autokratische Führung haben ausgedient!
Wer in Zukunft bestehen will, verabschiedet sich aber nicht nur von „richtigen“ Navigationssystemen, sondern auch gleich von dem personenfokussierten Denken, das die Führungslehre so lange beherrscht hat. Moderne Führungslehre geht weg vom personenfokussierten Denken hin zum systemischen Verständnis von Führung.
Struktur kommt vor Psyche, lautet einer der Arbeitsgrundsätze dieser Führungslehre, die die konkreten Arbeitsumgebung in den Vordergrund stellt. Deshalb geht der Blick zunächst auf den Kontext, die Organisation und die Struktur, in dem Menschen wirken sollen. Denn Mitarbeiter eines Unternehmens, die klug und nicht naiv sind, richten ihr Verhalten natürlich an den Richtlinien und Gepflogenheiten in diesem Unternehmen aus; seien sie nun formell oder nur informell bekannt.
Typische Beispiele formeller Art sind Kompetenzregelungen, Prozessbeschreibungen/ Organisationshandbücher, Organigramme aber auch Grundsätze der Zusammenarbeit und Führung oder Unternehmenswerte. Diese Strukturen im Unternehmen sind es, die den Rahmen bilden, in dem Mensch dann handeln kann und soll.
Ein alleiniger Blick auf die Person und ihr Verhalten, das „abgekoppelt“ von der Unternehmung passiert, erfüllt die Erwartungen an professionelle Führung nicht. Warum?
Menschen sind offensichtlich bereit in Unternehmen/ Organisationen zu arbeiten und verzichten dabei freiwillig auf Handlungsoptionen, die sie individuell weiter ausüben könnten. Sie verzichten also auf individuelle Freiheit und sind bereit zur Kooperation (= Einfluss anderer auf meine Handlungen), weil sie sich dadurch neue Möglichkeiten erwarten. Denn erfolgreiche Organisationen sind faszinierende Systeme der Emergenz, d.h. sie erreichen durch das Zusammenführen vieler Einzelteile etwas Neues, das mehr als die bloße Summe dieser Einzelteile ist. Dieses Phänomen nennt man Emergenz und ist einer der wichtigsten Gründe für das Auftreten und Fortbestehen von Unternehmen/ Organisationen.
Arbeit in einer Organisation wird in Arbeitsteilung organisiert. Das Auftreten von Arbeitsteilung führt zum Phänomen, dass für die Organisation die Person zum Personal wird. Die Organisation nutzt und entlohnt nur bestimmte Fähigkeiten der mitarbeitenden Personen. Die Menschen werden also dann zu Personal, d.h. zum Mitarbeiter, wenn sie in die Organisation eintreten, um ihre zugewiesene Aufgabe zu erfüllen. Oder anders gesagt:
Der Mensch als Ganzes (=mit all seinen Fähigkeiten) ist der Organisation letztendlich gleich und als Individuum auch ersetzbar. Die beteiligten Mitarbeiter lassen sich auf diesen „Deal“ u.a. unter der Nebenbedingung einer „angemessenen Entlohnung“ ein.
Eine Führungskraft führt also das Personal, nicht Personen. Sie muss allerdings sehr genau verstehen, wie Personalführung läuft, d.h. nach welchen Regeln Personen bereit sind, freiwillig auf individuelle Handlungsoptionen zu verzichten, um in Arbeitsteilung den Emergenzgewinn „einzustreichen“.
Deshalb sucht eine wirksame Führungskraft bei Schwierigkeiten zunächst auch nicht nach einem Schuldigen, d.h. einer Person, die durch Ihr individuelles Verhalten etwas auslöst, sondern fragt, ob die Prinzipien der Unternehmung tatsächlich so gelebt werden, dass Emergenz Gewinne auch eintreten können. Moderne Führungskräfte arbeiten am System, nicht im System
(erstmals veröffentlicht im Lotsen-Blog von Olaf Hinz im Februar 2016)